Leef | Interview mit Claudio Vietta

Die Produkte von Leef habt ihr ganz bestimmt schon mal gesehen. Oft werden sie auf Street Food Märkten eingesetzt oder bei ähnlichen Veranstaltungen. Wir haben die Jungs kurz auf der Next Organic 2016 kennengelernt und waren so angetan, dass wir einfach mehr zum Produkt und dem Unternehmen dahinter erfahren wollten.

Interview mit Leef – Die Story hinter dem Food-Startup

Was ist die Geschichte hinter eurer Idee?

Ganz am Anfang stand wohl der Wunsch etwas Sinnvolleres zu tun, als die Jobs in denen wir bis dahin arbeiteten. Als wir dann das erste Mal in Indien diese traditionelle Technik sahen, Blätter zu Tellern zu pressen, war es um uns geschehen.

Das Prinzip ist einfach zu genial, ein von selbst runter gefallenes Blatt, das normalerweise als landwirtschaftlicher Abfall verbrannt wird, einfach zu einem Teller zu Pressen. Wir nennen es bei uns das „Leihprinzip“, weil wir die Teller ja nicht wirklich produzieren, sondern lediglich ein einzelnes Blatt „formverändern“, als Einwegteller nutzen und danach der Natur wieder zurückgeben.

Es ist eben auch genau der Ansatz den wir verfolgen. Nicht durch Verzicht nachhaltig zu werden, sondern durch pfiffige Produkte und Ideen. Wir glauben einfach nicht daran, dass man da die Uhr zurückdrehen kann. „To Go“ Speisen wird es immer geben und somit auch den Abfall der Teller und Verpackungen. Aber diese können wir eben so gestalten, dass wir sie einfach kompostieren können und sie nicht wieder kompliziert zurückführen müssen wie Plastik oder Papier.

Dann kam erstmal der Aufbau einer nachhaltigen und fairen Produktion mit einem lokalen Partner in Indien. Dies haben wir in Indien vor Ort und von Hongkong aus organisiert, wo ich bis dahin lebte.

Danach sind wir hier nach Berlin gekommen, wo wir ein Crowdfunding gestartet haben, um die erste Produktionscharge zu finanzieren.

Das klappte und die ersten Verkäufe liefen an. Nach einer mehrjährigen nicht immer einfachen Anfangsphase stehen wir nun endlich wo wir sind.

Wie seid ihr auf den Namen eurer Firma gekommen?

Wir wollten so einfach wie möglich bleiben und den Leuten klar machen, dass sie nichts weiter als ein einzelnes gepresstes Blatt in den Händen halten. Mit „Leaf“ geht man im Internet zwischen den Artikeln über Blätter unter. Deswegen haben wir uns für das phonetisch gleiche aber anders geschriebene „Leef“ entschieden. Außerdem sind unsere Blattteller haptisch besonders schön, was durch das rückwärtige „feel“ ja auch noch mit drinnen steckt.

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Wie sieht ein Tagesablauf bei euch aus?

Morgens gibt es meist erstmal eine kleine Besprechung mit leckerem Kaffee und der darauffolgenden Abarbeitung der über Nacht eingegangenen Bestellungen und Anfragen. Danach gehen dann entweder strategische Aufgaben oder oft auch das „Feuerlöschen“ los. Als kleine Firma hat man eben noch nicht so viele Strukturen, auf die man zurückgreifen kann, aber dafür um so mehr unerwartete Herausforderungen und Kundenwünsche. Da wird eben auch immer wieder mal improvisiert. Besonders da wir ja viel an Kunden verschicken, die dies zu einem bestimmten Termin brauchen. Und wir alle kennen ja die Zuverlässigkeit unser heißgeliebten Paketdienste.

Euer Unternehmen ist noch jung. Was habt ihr davor gemacht?

Claudio war vorher Produkt- und Grafikdesigner und hat in Honkong für verschiedenste größere Firmen gearbeitet. Marcel war in der Luxusindustrie bei A. Lange & Söhne und Cartier. Vielleicht versteht man dann auch besser warum wir uns nach mehr Sinn und Wahrhaftigkeit in unserem Tun gesehnt haben ;).

Könnt ihr bereits von euren Produkten leben?

Ja, das können wir. Nachdem der Anfang wirklich nicht leicht war, schreiben wir endlich schwarze Zahlen.

Wo seht ihr euch selbst in 3 Jahren?

Wir haben ja gewissermaßen zwei Projekte mit „Leef“ und „Leef Unlimited“, wo wir als non-profit arbeiten. Hier statten wir Festivals und größere Veranstaltungen aus und schützen mit den Profiten für jeden Teller die gleiche Fläche an bedrohtem Regenwald. Das ist ein kleines Geschenk an die Natur, die uns ja die Blätter „leiht“. So schützen tropische Blätter tropische Wälder. Und nebenbei entschärfen wir die Müllproblematik von größeren Veranstaltungen, die so komplett kompostierbar werden.

In 3 Jahren sehe ich „Leef Unlimited“ an einem ähnlichen Punkt wo „Viva con Agua“ heute steht. Also bei den meisten größeren Veranstaltungen wie Sportevents, Festivals, Volksfeste usw. vertreten und somit auch mit einem riesigen positiven Impact auf die Natur. Und zwar hier, durch Müllvermeidung, sowie in den Tropen, wo wir den Wald vor der Rodung schützen.

Leef selbst wird in 3 Jahren hoffentlich auch ein Begriff für jeden Privatkunden sein, der auf seinen Grillparties mal etwas Schöneres verwenden möchte als Plastik oder Pappe.

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Könnt ihr euch vorstellen, aus den Palmblätten neben Tellern auch noch andere Dinge zu produzieren?

Aber ja! Da schrauben wir auch schon eifrig dran. Die Blätter der Arekapalme sind ja ein wunderbarer Werkstoff, der sich leicht formen lässt, wie Holz aussieht und im Überfluss vorhanden ist, für den aber kein Baum gefällt werden muss.

Die komplette Produktion der Palmblattteller ist nachhaltig und ökologisch. War es schwer, Alternativen zu herkömmlichen Produktions- und Transportmöglichkeiten zu bekommen?

Produktionstechnisch war das nicht so schwierig. Hier ging es vor allem darum Ressourcen wie Wasser in geschlossene Kreisläufe zu bringen. Der Transport ist ja leider ganz herkömmlich mit Schiffen wofür wir auch oft Kritik bekommen. Dabei ist der CO2 Abdruck hierfür bei dem Transport von 140.000 Tellern der einer Lastwagenfahrt von Italien nach Deutschland. Aber da gibt es leider keine Alternativen. Was uns mehr Probleme macht und gemacht hat, ist die Verpackung. Wir nutzen momentan Biokunststoff (PLA) den wir aber auch sehr kritisch sehen. Nahrungsmittel zu Plastikersatz zu verarbeiten ist eben nicht wirklich toll. Dazu kommt, dass Handel und Verbraucher nicht glücklich sind, da es nicht so transparent ist wie Plastik. Da ist es nicht leicht, es immer allen recht zu machen.

Wie eng arbeitet ihr mit den Kleinbauern zusammen? Kennt ihr sie alle persönlich und wie akquiriert ihr sie?

Diesen Teil übernimmt unser Partner vor Ort. Er kennt die meisten persönlich, aber auch das verändert sich mit der steigenden Nachfrage. Es bilden sich vor Ort mehr und mehr kleine Strukturen, wie z.B. einen regelrechter Blättermarkt mit Blatthändlern usw.. Das sehen wir recht positiv. Ist es doch ein nachhaltiger Wirtschaftszweig, der in dieser armen Region Indiens mehr und mehr Wohlstand schafft. Früher gab es hier nur Textilindustrie, die Mensch wie Natur oft kaputt und verarmt zurück lassen.

Von welchem Lebensmittel-Produkt seid ihr fast so sehr begeistert, wie von eurem eigenen?

Pheew, da gibt es viele. Wir sind ja viel auf Biomessen unterwegs, wo sehr viele kleine Firmen wie wir sehr spannende Produkte vorstellen. Das macht wirklich Mut für die Zukunft.

Auch wenn es nicht wirklich ein „Produkt“ ist, gefällt mir der Ansatz von „Original Unverpackt“ sehr gut. Sie haben gezeigt, dass ein Supermarkt ohne Verpackungsmaterialien nicht nur machbar ist, sondern in vielem sogar viel besser für den Kunden.


Wir danken Claudio für seine Offenheit bei der Beantwortung der Fragen und wünschen den beiden und ihrem gesamten Team natürlich weiterhin viel Erfolg 🙂

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