Inspiriert zu dem Artikel wurde ich vom Foodentrepreneurs Club und deren Veranstaltung FEC Tuesday. Jeden Dienstag gibt es Vorträge, Diskussionen oder Gespräche zum Thema Gastronmie.
Dieses Mal war das Thema „Food Kommunikation – Wie erreiche ich meine Zielgruppe“. Das Gespräch fand zwischen Mary Scherpe von Stil in Berlin und Silke Neumann, die die Chefin (oder wie man jetzt ja gerne sagt: Girlboss) der Agentur Bureau N ist. Neben vielen anderen Kunden, hat die Agentur einen Schwerpunkt in der Kommunikation für Restaurants/ Gastro-Locations.
Da ich selbst lange Zeit im Bereich Social Media/ Digitale Kommunikation in einer größeren Agentur gearbeitet habe und seid einiger Zeit ja auch das Thema aus Sicht eines Bloggers/ Content Creators kenne, hatte ich das Bedürfnis das Gesagte aufzunehmen und noch mal zu kommentieren. Zudem hilft es vielleicht auch dem ein oder anderen, der nicht vor Ort sein konnte.
- Starte deine Kommunikation erst, wenn du etwas erzählen hast!
Es spricht nichts gegen ein paar Bilder, die den Umbau oder Aufbau eines Restaurants zeigen. Im Gegenteil, es zeigt, was mit viel Arbeit erschaffen wurde. Aber damit sollte auch nicht zu früh angefangen werden, ein Monat vorher reicht vollkommen. Auch wenn man sich über jeden Klecks Farbe mehr an der Wand so sehr freut wie Eltern bei der Geburt des Kindes – für die Facebook Fans ist das auf Dauer uninteressant. Und darüber hinaus gibt es 3-6 Monate vor der Eröffnung auch noch nicht viel zu erzählen.
Daher lieber erst mit der Kommunikation loslegen, wenn man auch wirklich etwas zu erzählen hat.
- Denke Ganzheitlich!
Eine PR-/Kommunikationsagentur, so Silke Neumann, sollte man etwa 3-4 Monate vor der Eröffnung ins Boot holen, damit sich beide aufeinander eingrooven können. Am Ende ist ein Restaurant ein Unternehmen wie jedes andere, das eine eigene CI (Corporate Identity) und ein Konzept bzw. Markenkern benötigt.
Wofür steht das Restaurant? Warum sollen Menschen zukünftig das unbedingte Bedürfnis verspüren bei mir Essen gehen zu wollen? Wie unterscheide ich mich von anderen?
Aber auch: Wie sieht die Speisekarte aus? Welche Schriftart spiegelt das Restaurantkonzept wieder? Wie sollte das Interieur sein? Wie mache ich vorbeilaufende Fußgänger auf mich aufmerksam? Und so weiter.
Es reicht nicht, sich einen guten Koch zu angeln, am Ende ist es immer das große Ganze, das stimmen muss.
- Keine riesigen Eröffnungsfeiern!
Silke Neumann meinte, man solle lieber die Leute einladen, die einem wichtig sind, sprich Family & Friends oder einen kleinen Kreis Journalisten/ Blogger. Sie sprach mir aus dem Herzen, denn das unterschreibe ich sofort.
Mit unserem Blog Berlin Ick Liebe Dir erhalten wir oft Einladungen zu Restauranteröffnungen und waren in der Vergangenheit natürlich auch schon häufig bei eben diesen. Für den Glamourfaktor werden dann oftmals noch C-Promis und (möchtegern) It-Girls eingeladen, die zwischen den 200-300 anderen Gästen und nach 100 Selfie-Poser-Fotos Akzente setzen sollen und das Facebook-Fotoalbum schmücken, um einen möglichst hohen Anreiz für alle potenzielen Gäste zu schaffen. Das ist irgendwie alles ganz nett, aber mittlerweile gehen wir nur noch sehr selten zu solchen Opening Events, die bereits in der Einladungsmail mit Namen um sich schmeißen.
Warum ist das so? Weil es uns kaum etwas bringt.
Wenn ich Promis sehen will, blättere ich durch die Gala. Was uns interessiert, sind Hintergrundinfos. Aber ein Gespräch mit dem Besitzer und/oder dem Koch ist selten länger als 3 Minuten, weil es ja noch 199 andere Gäste gibt, die bespaßt werden wollen. Foodfotos können nur von den gereichten Häppchen geschossen werden, die aber unseren Lesern keinen Eindruck davon vermitteln können, was sie am Ende auf dem Teller haben könnten.
Meistens geben sich die Restaurants sehr viel Mühe und an sich ist es auch immer ein toller Abend, nur aus Restaurantsicht eben nicht zielführend. Aus meiner Sicht können sie sich das Geld dafür sparen, wenn das eigene Ego daran nicht kaputt geht. Klein und fein, ob mit Multiplikatoren oder Familiy & Friends ist stressfreier und sehr viel schöner.
Ein Artikel über das Restaurant ist bei uns auf Basis dessen eh nicht machbar, denn es fehlt einfach der Einblick in den normalen Geschäftsalltag.
- Halte deine Multiplikatoren bei der Stange!
Früher in der Agentur nutzten wir oft das Wort „Leuchtturmprojekte“ und ich finde, der Begriff beschreibt die Empfehlung auch sehr gut. Ab und an Events wie gemeinsames Kochen neuer Gerichte oder einen Ausflug zu Lieferanten wie Bauern oder Getränkeproduzenten ist nicht nur super spannend, sondern auch so persönlich, dass eine echte Beziehungspflege statt finden kann. Kontakte sind das A und O und die lassen sich in kleinen Gruppen sehr viel besser aufbauen als mit Events, die eher an eine Clubnacht erinnern.
Das Budget dafür ließe sich übrigens hervorragend von den häufig zu großen Eröffnungsfeiern abzwacken 😉
Damit einhergehend ist auch eine individuelle Kommunikation. Die Fragen „Wer ist mein Adressat, welche Botschaft will ich übermitteln und welche Ergebnis möchte ich damit erreichen“ sollte man sich stets stellen, bevor man den Sende-Button klickt. Blogger bspw. brauchen andere Infos & einen anderen Umgang als Journalisten, die einen mehrseitigen Bericht in einer Fachzeitung schreiben.
- Eine Agentur kann nicht aus Scheiße Gold machen!
Das klingt hart, ist aber so. Eine PR-/Kommunikationsagentur hat Kontakte, Erfahrung, Ideen und Manpower für die Umsetzung der Kommunikation eines Restaurants. Damit lässt sich natürlich auch einiges bewegen, aber am Ende zählt das, was der Gast während seines Besuchs erfährt.
Mag es noch so tolle Gastro-Kritiken zu lesen geben, ein unfreundlicher Service kann am Ende bspw. die Niederlage bedeuten. Die Erfahrung eines Gastes ist aber von vielen Dingen abhängig und da kommen wir wieder auf das Thema Ganzheitlichkeit. Wenn das alles passt, kann die PR-Agentur auch ihren und vor allem einen sehr guten Job machen!
- Bewertungsportale ja, aber mit Bedacht!
Woher weiß der Gastronom, was ein Gast so denkt? Bewertungsportale, klar!
Aber Obacht, hier wird auch viel Schmu betrieben. Personen haten über das eigene Restaurant als gäbe es keinen Morgen mehr. Ob es sich dabei aber um eine reale Person handelt, weiß nur der liebe Gott. Handelt es sich aber um konstruktive Kritik, ist es nicht das allerschlechteste darauf zu reagieren. Aber „Don’t feed the troll“ – Leute, die einfach nur rum meckern müssen, ist jegliche Reaktion egal, sie wollen nur ihre Frust loslassen.
- Schaffe dir dein eigenes digitales Zuhause!
Kurz und bündig: Die eigene Website ist Pflicht. Deine Inhalte, dein Besitz.
Wer nur eine Präsenz auf Facebook hat, wie es seit einigen Monaten immer mehr en vogue zu sein scheint, begibt sich in die Abhängigkeit des blauen Riesen. Und eine Website lässt sich mit ein bißchen Grundwissen oder einem Freelancer super günstig erstellen. Ein Hoch auf WordPress und Templates.
Fazit
Laut Silke Neumann sollte man für die Betreuung durch eine Agentur für den Start etwa 2.000 – 4.000 EUR, für die anschließende monatliche Betreuung etwa 1.500 – 2.500 EUR zur Verfügung haben. Das muss man als Restaurant erstmal („nur“ für den Bereich Kommunikation) erwirtschaften. Für Manche machbar, für andere unmöglich. Aber andererseits sollten solche Posten auch immer im Businessplan berücksichtigt werden, in welcher Höhe auch immer.
Meiner Meinung nach ist die Unterstützung vor der Eröffnung durch eine Agentur echt sinnvoll, auch wenn es mehr ein Austausch ist. Man selbst wird schnell Betriebsblind und die Erfahrung & Beratung durch eine Agentur kann noch mal das i-Tüpfelchen ausmachen.
Ob es dann auf eine intime Eröffnungsfeier hinausläuft oder auf eine größere mit 30-50 Gästen, sollte jedem selbst überlassen werden. Nur alles darüber finde ich sinnfrei, zumindest wenn es darum geht Presse/ Multiplikatoren für sich zu gewinnen. Die erfahren bei den fancy Parties nämlich leider nicht genug Infos.
Meiner Meinung nach geht auch nichts über ein persönliches Gespräch und gemeinsames Essen. Ein Austausch, wo man sich gegenseitig vorstellen und dadurch einen echten Kontakt herstellen kann. Das ist so viel langlebiger und mehr Wert als Promis auf der Opening Party. Und klar, bedeutet das einen Zeitaufwand, aber die muss man sich eben nehmen. So wie wir uns die Zeit nehmen zum Restaurant zu fahren, es kennenzulernen, die Geschichte und die Intention zu verstehen, die Fotos zu bearbeiten und den Artikel zu schreiben.