Quartiermeister | Ein Interview mit Matheo Gundermann

Bier ist nicht gleich Bier – das lernt man sehr schnell, wenn man in Berlin wohnt. Je nach dem wie gut das Sortiment der Gastro-Location oder des Spätis ist, stolpert man immer wieder über das Bier von Quartiermeister.

Wir wollten wissen, was hinter dem sozialen Ansatz steckt, wie die Idee zu Quartiermeister entstand aufkam und was die nächsten Pläne sind. Matheo verrät uns im Interview die Antworten auf unsere Fragen!

Interview mit Quartiermeister – Die Story hinter der dem Food-Startup

Was ist die Geschichte hinter eurer Idee?

Die Idee von Quartiermeister ist ganz simpel: Bier trinkend Gutes tun. Viele Menschen würden sich gerne mehr engagieren, schaffen es aber zeitlich nicht oder haben hierfür kein Geld über. Und viele Menschen gönnen sich hier und da mal ein Bier zum Genießen. Das haben wir zusammengebracht. Quartiermeister bietet eine sehr niedrigschwellige Möglichkeit sich für den eigenen Kiez einzusetzen – durch Genuss, durch Spaß!

Wie seid ihr auf den Namen eurer Firma gekommen?

Der Begriff Quartiermeister ist ursprünglich ein militärischer, den wir neuinterpretiert haben. Der Quartiermeister war früher für das Wohl der Truppe zuständig, unser Quartiermeister ist im Kiez zuhause, kennt alle Leute, kennt alle Läden und setzt sich für das Wohl im Kiez ein.

Wie sieht ein Tagesablauf bei euch aus?

Ziemlich durcheinander. Wir sind ein kleines Team mit großen Vorstellungen und Idealen. Es kommt vieles zusammen bei uns: Akquise, Projektauswahl, Vermarktung… und natürlich auch Papierkram. Aber es geht trotzdem sehr gelassen zu bei uns. Wir haben uns gute Arbeitsbedingungen geschaffen und lassen uns inzwischen vom alltäglichen Wahnsinn des Getränkemarktes auch nicht mehr so leicht aus der Ruhe bringen.

Ab wann konntet ihr von eurem Bier leben?

Am Anfang war Quartiermeister ein ehrenamtliches Studentenprojekt, das komplett ohne Gehälter lief. Es wurde dann aber nach und nach mehr, sodass es mit ein paar Stunden neben der Uni nicht mehr zu bewerkstelligen war. Ab 2013 haben wir dann so getan als wäre es unser richtiger Job und entsprechend viel Arbeit reingesteckt. Das hat gut funktioniert und ab Anfang 2014 konnten wir uns dann erste Aufwandsentschädigungen auszahlen. Heute können schon viereinhalb Leute davon leben. Das freut uns sehr und war so lange nicht vorstellbar.

Wonach sucht ihr euch eure Gastro-Partner aus?

Erstmal kann natürlich jeder/ jede Quartiermeister verkaufen, der/ die es möchte. Oft suchen sich tatsächlich auch Kund*innen uns aus und wir erfahren es erst viel später. Wir freuen uns natürlich am meisten über Partner*innen, die ein Bewusstsein für nachhaltiges und alternatives Wirtschaften haben und zu Quartiermeister greifen, weil sie etwas verändern möchten, anstatt nur ein hippes Berliner Bier im Kühlschrank stehen zu haben. Aber trotzdem gilt: Jede Flasche zählt, jeder Schluck tut gut und Gutes!

Was habt ihr vor der Gründung eurer Firma gemacht?

David hat ein duales Studium in BWL bei der Deutschen Bank gemacht, bis ihm dann bald auffiel, dass die klassische Wirtschaft nichts für ihn ist und er bei Quartiermeister eine bessere Alternative gefunden hat. Peter hat zuerst Politik studiert und dann Nonprofit-Management. Unser anderer David hat ebenfalls Politik mit Peter studiert und im Anschluss in der Unternehmensberatung geartbeitet. Lisa studiert neben Quartiermeister noch Kulturarbeit und Matheo hat Brauerei- und Getränketechnologie studiert, bevor er zu uns kam.

Wo seht ihr euch selbst in 3 Jahren?

Wir versuchen gerade unsere Marke auch in anderen Teilen Deutschlands zu etablieren. Dass unser Konzept nicht nur in Berlin funktioniert, merken wir im Moment in Dresden und Leipzig. Für ganz Deutschland sind drei Jahre zu optimistisch, aber vielleicht haben wir ja bis dahin zumindest ein paar weitere Standorte aufgebaut. Und neue Produkte wären auch schön!

Wollt ihr eure Idee über die Grenzen Deutschlands vermarkten?

Grundsätzlich wollen wir natürlich niemandem Quartiermeister vorenthalten und das Konzept lässt sich bestimmt auch außerhalb Deutschlands umsetzen. Soziale Projekte, die Unterstützung brauchen, gibt es schließlich überall. Uns ist aber regionales Wirtschaften sehr wichtig, weshalb wir uns vorerst auf Deutschland beschränken möchten und jeweils für jede Region eine Brauerei vor Ort suchen. Aber alles was denkbar ist, ist auch möglich.

Ihr engagiert euch für soziale Projekte. Wie kam es zu dem Gedanken durch Bier Gutes zu tun?

Wir finden, dass Biertrinken ohnehin oft einen sozialen Charakter hat. Man sitzt mit Freunden zusammen, feiert Geburtstag, lädt zur Hochzeit ein. Ferner ist Bier ein Produkt, über das gesprochen wird, jede*r hat Lieblingsmarken, es lässt sich vorzüglich streiten über Bier. Und es ist ein Genussmittel, man gönnt sich ein Feierabendbier, stößt auf etwas an, hat Spaß daran. All diese Faktoren sprachen für Bier, und es gab noch kein korrektes Bier auf dem Markt!

Grundsätzlich lässt sich unser Konzept aber natürlich auch auf jedes andere Verbrauchs- und Konsumgut anwenden. Für uns ist das Bier lediglich der Kanal, über den wir unsere Botschaften kommunizieren können, es geht uns aber vielmehr um korrektes Wirtschaften, regionale Wertschöpfung und lokales Engagement.

Gibt es, dadurch, dass ihr Soziales mit Alkohol verbindet, auch von manchen Leuten Kritik an eurem Projekt?

Wir sind uns der Kontroverse bewusst, dass wir Bier verkaufen und im gleichen Zuge z.B. Kinder- oder Obdachlosenprojekte fördern. Unsere Förderung ist aber absolut unverbindlich. Niemand muss mit uns werben oder öffentlich machen, von wem das Geld kommt. Daher stoßen wir eigentlich nur auf positive Resonanz. Ferner werben wir nicht dafür, dass mehr getrunken wird, sondern wir wollen eine Alternative zu bestehenden Industriebieren sein. Insofern der Vergleich: Wenn schon Bier, dann das regionale und soziale, statt dem industriellen eines multinationalen Großkonzerns.

Von welchem Lebensmittel-Produkt seid ihr fast so sehr begeistert, wie von eurem eigenen?

Es gibt ja immer mehr Unternehmen, die Erfolg nicht nur in Absatzzahlen und Wachstum messen, sondern ihr Unternehmen mehr als Mittel dazu nutzen, einen gesellschaftlichen Mehrwert zu schaffen. Ein gutes Beispiel hierfür ist das junge Berliner Unternehmen Vanilla Campaign, das nach dem Prinzip der Teekampagne Vanille in Deutschland vertreibt und mit den Gewinnen Naturschutzprojekte in Mexiko fördert. Viel Erfolg weiterhin!


Wir danken Matheo für die offene Beantwortung der Fragen und wünschen dem Team natürlich auch weiterhin viel Erfolg 🙂 

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